Der Stress, gelegen bei Führungskräften, kommt aus unterschiedlichen Bereichen.
Begründet in der Masse der täglichen Herausforderungen, kommt es nicht selten bei dieser Personengruppe zu Stresserscheinungen oder noch weiter zu einem Burnout. Ein schwer zu kontrollierendes Zeitmanagement, Fachkräftemangel, fehlende Ressourcen, der aktuelle Rohstoffkrieg, hoher Krankheitsstand, Lieferschwierigkeiten, schlechtes Betriebsklima, zu große oder zu kleine Auftragslage, Konkurrenzdruck und die Coronakrise sind nur ein kleiner Ausschnitt an Möglichkeiten im Unternehmensalltag, der Stress bereitet.
In diesem Blog möchte ich mich mit einem sehr aktuell bestehenden, flächendeckenden Problem auseinandersetzen:
dem Fachkräftemangel.
Er beschreibt das Problem eines angeschlagenen Arbeitsmarktes, das sich speziell im Bereich der Ausbildungsberufe bewegt. Hohe Nachfrage bei zu geringem Angebot. Viele sehen kaum mehr Raum auf Qualifikation zu setzen, sondern sie sind froh, überhaupt Mitarbeiter einstellen zu können.
Das erzeugt, dass das Know-how eines Unternehmens herabgesetzt und der Anspruch an das Produkt sowie eine gute Kundenzufriedenheit nicht erreicht wird. Alles, aufgrund von mangelnder Qualität von Mitarbeitern oder einem kompletten Fehlen dieser. Deutlich zu beobachten in vielen Branchen.
War das schon immer so ? Nein. Aber woher kommt der Missstand? Hier macht es Sinn die Werteverschiebungen unserer Zeit kritisch zu hinterfragen.
Geld und Ruhm vor Neigung und Talent
Zu früheren Arbeitsmarktzeiten, glichen junge Menschen ihre Talente und ihre Wünsche mit dem angestrebten Beruf ab.
Fragen wie „Was macht Dir Freude?“, „Was könnte Dich begeistern?“ oder “ Welche Fähigkeit zeichnet Dich aus ?“, entschieden über den angestrebten Berufsweg. Mit immer weiter steigendem Kapitalismus, Konsumdenken und Besitzansprüchen veränderte sich auch der Anspruch an die Berufswahl.
Nicht Neigung und Talent stehen im Vordergrund, sondern Ruhm, Ehre und ein hoher Kontostand. Der Sturm auf die Universitäten wurde eingeläutet.
Wettbewerbsdenken hat Hochkonjunktur. Dem Bachelor muss der Master folgen und bitte unbedingt auch ein Auslandstudium, zur Krönung erweitert durch einen Zweit- oder Drittstudiengang. Das steigert Chancen, aber auch den Eindruck nie genug zu sein. Die Folge ist, dass so mancher Studierende vor dem 30sten Lebensjahr kaum Aussicht auf ein eigenes Einkommen hat, weil die Bildung ihm davon abhält. Wenn sie sich dann endlich in „Lohn und Brot“ befinden, kommt oftmals die Ernüchterung: Das jahrelange Studium im Abgleich mit der realen Arbeitswelt hat so manchen Desillusionierten auf dem Lebensweg zurückgelassen: Die Erwartung liegend vor der Enttäuschung.
Das wiederum begründet, warum ein sehr hoher Stresslevel bzw. viele Burnoutler bei 30-Jährigen zu finden sind.
Folgen des Fachkräftemangels
Durch all diese Aspekte kann man Gefühle des Scheiterns kaum umgehen. Scheitern am hohen Fehlerquotienten durch minderqualifizierte Mitarbeiter und Qualitätsherabsetzung des eigenen Unternehmens. Häufig durch das Ausbleiben von Anerkennung in Ausbildungsberufen. – Und darum geht es.
Den Menschen sollte bewusst sein, dass aufgrund des Pflegepersonalmangels eine landesweite Wirtschaft während der Coronakrise lahmgelegt wurde?
Zwei existenzielle Pole im Konkurrenzkampf. Die Gesundheit wurde dem Geld unterstellt.
Pflege, ein Ursprungsberuf, den kaum jemand arbeitend bis zur Rente erlebt. Spätestens seit der Krise ist dieses Defizit deutlich an die Oberfläche gekommen und an die allgemeine Öffentlichkeit. Genützt hat es nichts. Eine minderbezahlte Spezies mit belastenden Dienstzeiten, ein praktischer Beruf mit hohem bürokratischem Aufwand. Eine oft abfällig beschriebene Berufsgruppe mit dem Klischee eines Tragenden mit Bettpfanne und Fieberthermometer. Alles bei gleichzeitig hohem und schwierigem Ausbildungsanspruch. Anerkennung in der Krise durch solidarisches Klatschen und Taschengeld. Fast anfeuernd mit der Bitte durchzuhalten und weiterzumachen. Man reduzierte die Wirtschaftskraft, weil die Leistungskraft der Pflege ausging.
Das Selbstbewusstsein sollte in früheren Jahren mit der Akademisierung der Pflege angehoben werden. Das erhob diese Gruppe gekünzelt aus ihrer Minderwertigkeit, änderte am Ergebnis leider nichts. Die Leistungsträger an der Front blieben zweitklassig hinter den Studierenden. Eine Lösung des Problems war es nicht.
Erfahrungsbericht:
In meinem Verwandtschaftskreis gibt es eine junge Dame, die als eine der ersten Schülerinnen das 12jährige Abitur absolvierte.
Nach Erhalt dieses hart erarbeiteten Schulabschlusses, fragte ich nach ihren Plänen. Sie wurde rot und kam nicht raus mit der Sprache. Ich fragte: „Welchen Berufswunsch magst du nicht äußern, welch peinlichen Beigeschmack hat er? Staatlich anerkannt? “
Sie lachte und erwiderte: „Nein. Aber er ist im Vergleich zu den Berufszielen meiner Schulfreundinnen wohl nicht so cool.“ –
Ich ließ nicht locker. Schließlich rückte sie mit der Wahrheit heraus und sagte, sie wolle gern Erzieherin werden. Am liebsten in einem Kindergarten. Völlig erstaunt und mit offenem Mund, nahm ich diesen Wunsch entgegen:
„Wie, das wolltest Du mir nicht sagen? Erzieher werden händeringend gesucht. Wenn es Dein Glück ist, lass dich von Dogmen nicht bremsen. Es ist dein Wunsch und er führt Dich.“
Sie hat heute ausgelernt und ist der Superstar ihres Kindergartens. Sie bekommt aufwändig selbstgemachte Videos zum Geburtstag von Kindergartenkindern plus Eltern. In der Coronazeit hat sie einen Onlinekanal für daheimgebliebene Kinder entwickelt. Auch blieb sie im Kontakt zu Kindern. Wie wichtig!!
Ich kenne keinen Menschen, der so begeistert seinen Beruf ausübt. Aber die Jugend schämt sich für diesen, da die Gesellschaft mit abwertender Anerkennung reagiert. Wohlstand ist unter Kindergärtnerinnen nur philosophisch zu finden und eine Havard-Fachweiterbildung bietet sich ihnen auch nicht.
Die Scham hat die Angst vor dem Fehlen von Zugehörigkeit ausgelöst. Wer nicht studiert, erfährt Abwertung und Ausgeschlossenheit einer vertrauten Gesellschaftsgruppe. So gefühlt.
Ich könnte die Liste unendlich weiterführen.
Brennpunkte:
Ohne Arzthelferin, kein organisierter Arztbesuch.
Ohne Kfz-Mechaniker, keine Wagenreparatur.
Ohne Flugzeugmechaniker, keine Flüge.
Ohne Polizisten, keine Sicherheit.
Ohne Supermarktmitarbeiter, kein Zugang zu Lebensmitteln.
Ohne Servicekräfte, kein Restaurantbesuch.
Ohne Koch, keine kulinarischen Genüsse.
Ohne Kindergärtnerin, keine geregelte Arbeit für Eltern.
Ohne Pflege, keine Gesundheit.
Fachkräftemangel ist kein Zufall, sondern ist selbstgemacht. Es ist Zeit, hier gegenzusteuern.
Die Wichtigkeit und Anerkennung dieser Berufsgruppen zeigt sich im aktuellen Mangel.
Es ist Zeit, für einen Wertewandel in dieser Sachlage; denn hier liegt ein wichtiger Lösungsansatz, in diesem stressgekennzeichneten Problem.